Großer Brand - Auswanderung - Gründung der ersten Raiffeisenbank

Die erste und somit älteste Landapotheke des Kreises Hersfeld wurde durch ein Kurfürstliches Dekret am 16. Oktober 1824 in Friedewald gegründet. Der erste Apotheker war Christian Heinrich Crede (1797 - 1866), der auch als Landwirt, Posthalter und Bürgermeister tätig war. Sein Hof mit Apotheke stand an der Stelle, an der sich auch heute die Apotheke befindet.

In der Nacht vom 19. zum 20. Oktober 1865 brach in der vom Sohn Credes an die Ecke Hersfelder/Motzfelder Straße verlegten Apotheke ein Brand aus. Dieses, während eines starken Weststurmes, ausgebrochene Feuer ging als der »Große Brand« von Friedewald in die Geschichte ein, da drei Viertel des Ortes in Schutt und Asche gelegt wurden.

LöscheimerNach dieser Katastrophe war die von jeher nicht besonders begüterte Gemeinde gänzlich verarmt. Dazu beigetragen hatte auch die um die Mitte des Jahrhunderts einsetzende Verlagerung des Warentransportes von der Straße (Kurze Hessen) auf die Schiene, die Friedewald auf Grund der Höhenlage (380 m) unberücksichtigt ließ.

Der Mangel an Arbeitsplätzen führte in der Folgezeit zu einer regen Ab- und Auswanderungswelle, so dass die Einwohnerzahl von 1580 im Jahre 1853 auf 1200 im Jahre 1879 sank, und die Gemeinde somit in nur 25 Jahren ein Viertel ihrer Bewohner verlor. Die wenigen verbliebenen Bauern waren verschuldet, denn sie mussten sich, um Grund und Boden oder Saatgut zu erwerben, Geld zu Wucherzinsen (30 bis 120 Prozent) leihen und/oder ihre Ernte verpfänden. Konnten sie ihre sich ständig mehrenden Schulden nicht mehr zurückzahlen, was häufig genug geschah, so wurden ihre Höfe an neue Schuldner auf Raten verkauft.

Unter diesen Voraussetzungen trat Pfarrer August Haupt (1845 - 1908) am 1. Juni 1877 sein Amt im Kirchspiel Friedewald an. Um der Not der Bevölkerung entgegenzuwirken, gründete er bereits im Dezember 1877 den Rindvieh-Versicherungs-Verein. Dieser Verein sollte für die Mitglieder den Verlust von Vieh absichern, da dies für die Bauern zumeist die Zerstörung der Existenzgrundlage bedeutete.

Durch den Erfolg dieses Vereins ermutigt, wurde auf der Grundlage des von Wilhelm Raiffeisen (1818 - 1888) im Jahre 1866 verfassten Buches »Die Darlehenskassen-Vereine als Mittel zur Abhilfe der Not der ländlichen Bevölkerung« am 16. Februar 1879 von Pfarrer Haupt und 84 weiteren Einwohnern Friedewalds die erste Darlehenskasse Kurhessens gegründet. Im Gründungsprotokoll des „Friedewalder Darlehenskassen-Verein“ ist zu lesen, dass »aufgebaut auf den Prinzipien der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung« die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitglieder verbessert werden sollen. Die vielen nachfolgenden Gründungen von Darlehenskassen in der Region belegen, dass dieses Ziel sehr bald erreicht wurde und sich die Idee Raiffeisens durchsetzte.

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