Leben im 20. Jahrhundert

 Spinnstube - Hochzeit - Backen - Vorratshaltung/Hausschaltung

Spinnstube

Die Tradition der Spinnstube, in der dem Begriff entsprechend Woll- und Flachsgarn gesponnen wurde, reicht vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert. In der Spinnstube trafen sich in den Abendstunden der Wintermonate die jungen Mädchen und Frauen zur gemeinsamen Arbeit. Arbeit gab es reichlich, so hatten z. B. die Mägde neben der Herstellung ihres eigenen Garns noch eine, ihnen von der Bäuerin zusätzlich zur täglichen Arbeit auferlegte Menge Flachs zu verspinnen.

Wie viele Handarbeiten, so war auch das Latschenmachen eine Arbeit für die Spinnstube. Die Latschen waren eine sehr gebräuchliche Schuhform, denn man trug sie im Haus und schlüpfte mit ihnen in die Holzschuhe. Der einfache Stoffschuh bestand aus dem "Obersten" und der, aus mehreren Stoffrestschichten bestehenden und durch einen Überstoff aus Leinen eingefassten und durchgesteppten Sohle.

Neben der Arbeit kam bei den zumeist unverheirateten jungen Leuten beiderlei Geschlechts die Geselligkeit mit Gesang, Tanz und Musik nicht zu kurz, und so war es auch seit jeher Brauch, dass nach der Feldarbeit im Herbst die Spinnstube angetrunken wurde. Dieser Aspekt des Spinnstubenwesens stieß bei sittenstrengen behördlichen und geistlichen Obrigkeiten auf Widerstand. So schrieb z. B. der Friedewalder Fußgendarm Herbarte 1880: ,,Die Mädchen ... gehen allabendlich in die Häuser ... spinnen, wozu sich dann auch die betreffenden Burschen einfinden und wobei dann gesungen wird ... In dieses s. g. Spinnstubenhaus bringen die zur Gesellschaft gehörigen Mädchen die nötigen Eier, Butter, Milch, Wurst p. p. und hier wird die ganze Nacht hindurch gebacken und gebraten etc. und zuweilen auch getanzt. Die Burschen liefern hierbei die Getränke, dass es in einer solchen Spinnstube nicht besonders gesittet zugeht, unterliegt keinem Zweifel."

 

Auch Pfarrer Boette äußert sich in seiner Geschichte,, Der Unflat in der Spinnstube und seine Rache" moralisch betroffen: ,,So ganz harmlos und sauber sind die Spinnstuben, die hier noch überall gehalten werden, nicht immer. Die Sitte kann sehr ausarten." In den außer der Arbeit wenig Abwechslung bietenden Dörfern war und blieb die Spinnstube bis in unser Jahrhundert hinein ein Treffpunkt für die Jugend, und sie diente so lange Zeit auch als Heiratsmarkt.

Die Hochzeit

Die Hochzeit, der bedeutendste Tag im Leben der jungen Brautleute, wurde mit einem großen Fest begangen. Wie Pfarrer Boette beschreibt, ging es nach der kirchlichen Trauung mit Musik ins Hochzeitshaus. Das Brautkissen wurde vorausgetragen, die Mädchen hatten die blitzenden Schnürhäupter auf dem Kopf, die Kinder ein Kränzchen aufgesetzt, mit Pistolen wurde geschossen trotz dem Herrn Schandarm. Dann wurde ausgiebig getanzt, gegessen und getrunken sowie das Brautkissen und der Brautwagen von allen im Dorf begutachtet. Der Brautwagen war zumeist über und über beladen, denn der Braut wurden Möbel und Kleidung mitgegeben, die für ein ganzes Leben reichen sollten. Das letzte Brautkissen, das üblicherweise von der Brautpatin mit Bändern und Blumen geschmückt wurde, und das auf einem mit Wäsche gefüllten Korb ruhte, ist 1949 geschenkt worden. Die letzte Trachtenhochzeit in Friedewald fand in den 20er Jahren statt. 

Brot backen

 Das von der Dorfgemeinschaft errichtete und genutzte Backhaus diente noch bis in das 20. Jahrhundert hinein den meisten Bäuerinnen zum allwöchentlichen Brotbacken, zumal sich viele Höfe noch keinen eigenen Backofen leisten konnten. Der Teig wurde angemengt und in der Teigmulde geknetet, mit dem Teigkratzer portioniert und die Brotlaibe auf Bleche oder Holzbretter gelegt und dann mit dem Brotschieber in den mit Holz betriebenen Backofen geschoben und mehrere Stunden gebacken.  Das Mehl wurde überwiegend in Mehlsäcken aufbewahrt. Diese waren mittels Schablonen mit Namen und Jahreszahlen versehen, damit es beim Müller keine Verwechselungen gab, und jeder Bauer gewiß sein konnte, das von seinem Korn gemahlene Mehl zu erhalten. Die Backöfen wurden aber auch anderweitig genutzt. So wurden z. B. bei der Flachsverarbeitung die Fasern im Ofen getrocknet oder nach dem Backen dem etwas erkalteten Ofen das Obst gedörrt. Dazu wurde das Dörrobst (Hutzeln) auf Dörrhürden (Darren, Holzrahmen mit Weiden- oder Birkengeflecht) gelegt und diese in den Ofen geschoben. Gelagert wurde das gedörrte Obst in den großen Hutzelkörben. 

Vorratshaltung/Hausschlachtung

Die Vorratshaltung war im Leben auf dem Lande von grundlegender Bedeutung. Bevorratet wurden z. B. Obst, Gurken, Sauerkraut, Pökelfleisch, Wurst, Käse, eben alles, was durch Einlegen, Einmachen, Trocknen, Pökeln oder Räuchern haltbar gemacht werden konnte. In den Bereich der Vorratshaltung gehört auch die Hausschlachtung. Da Fleisch nur selten auf den Tisch kam, nahm der Schlachttag eine bedeutende Stellung im Ablauf eines Jahres ein und wurde mit einem Fest, dem sogenannten Schlachtekohl, begangen.
Der Schlachttag musste gut vorbereitet sein, der Schlachtet war zu bestellen, Salz, Gewürze, Därme und eine Reihe von Geräten mussten bereitgestellt werden. Geschlachtet wurde im Winter und so arbeiteten viele Maurer als Hausschlachter, um einen Nebenverdienst zu haben. Es wurden ausschließlich Schweine geschlachtet, da Rinder, bis auf Notschlachtungen, zum Schlachthof gebracht werden müssten oder verkauft wurden.  Pfarrer Boette beginnt seine Geschichte vom ,,Schlachtekohl" mit den Worten: ,,Im Dorf quiekts jetzt all Morgen. Es ist ein furchtbares Morden unter den Schweinen." Nachdem das Schwein durch einen kräftigen Schlag gegen den Kopf betäubt war, wurde es abgestochen. Das Blut wurde aufgefangen und, damit es es nicht gerinnt, bis zum Erkalten gerührt. Nach dem Ausbluten wurde, um die Borsten zu lösen, das Tier in einen Holztrog gelegt und mit kochendem Wasser abgebrüht. Die Borsten wurden dann mit glockenförmigen Schrappern abgeschabt und verkauft. Danach wurden die Hinterläufe an den Krummstock gebunden und das Schwein auf die Sauleiter gezogen. Anschließend wurden die Tiere ausgenommen und zerlegt. Die Innereien wurden ebenso verarbeitet wie das gewonnene Fleisch gepökelt, geräuchert oder gekocht und als Wurst in die ausgewaschenen Därme gefüllt wurde. Blutsuppe, Wurstesupp, Quellfleisch, Suppenknochen oder der mit Speck eingeschmalzte Kohl ließen am Abend des Schlachttages den Bauern das Wasser im Mund zusammenlaufen.

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